Mein Sonntag bestand essentiell aus zwei Beschäftigungen. Ich habe einen Blogpost über mein perfektes Bilderbuchleben und die schönen Dinge geschrieben. Und die Zeit, welche ich nicht mit Snacks im warmen Bett an meinem modernen Laptop verbracht habe, war ich in Vancouver Downtown, das komplette Gegenteil erleben.
Dort war ich mit meiner Gastfamilie und vielen anderen Freiwilligen in einem Park, an dem ich sonst nur geschockt mit offenem Mund vorbeigefahren bin. Im Zuge einer Art Initiative haben wir dort Essen an Obdachlose verteilt.
Leute haben Unmengen an Sandwiches vorbereitet, die mit Energy-Bars und Obst verteilt wurden. Es gab Stände mit heißer Suppe, Pancakes und Würstchen. Eine Firma hat warme Pullover verteilt und eins meiner Lieblingscafés hat literweise Kaffee ausgegeben.
Natürlich ist Obdachlosigkeit kein vollkommen unbekanntes Bild für mich. In den Großstädten Deutschlands wird man ja in vielen Ecken mit dem Leidesbild konfrontiert.
Trotzdem schockt mich die Vancouver Eastside, der "Horror on Hastings" bei jedem Eindruck aufs Neue.
Mehr als 1000 Menschen ohne Zuhause 'leben' dort, die Drogenabhängigkeits und HIV-Rate ist unglaublich hoch
Man sieht Obdachlose auf den Bordsteinen liegen, keiner ahnt, ob's nur die Müdigkeit war oder doch der goldene Schuss.
Andere stehen bis zu den Schultern in Müllkontainern, auf der Suche nach Lebensmitteln und Brauchbaren.
Frauen denen die faltigen Brüste nahezu aus dem zerrissenen Pullover fallen sind auf der Suche nach Liebe, Stoff, was auch immr.
Männer haben Zitteranfälle und sind hysterisch auf irgendwelchen Drogen, von denen ich womöglich noch niemals gehört habe oder humpeln in abgewrackten Jogginghosen über die Straße.
Viele Menschen sind wahrscheinlichh nur halb so alt, wie ihr Erscheinungbild vermuten lässt und ein Geruch von Armut und Drogen liegt in der Luft.
(Und ich spreche nicht von dem bekannten Grasgeruch, der einem hier auch in den netten Vierteln in die Nase schwirrt.)
Desweiteren habe ich herausgefunden, dass sich die einzige "legale" Fixerstube Nordamerikas in Vancouver Downtown befindet, der gehypten Stadt mit sportlichen Leuten und bester Lebensqualität
Im Großen und Ganzen ein Ort, der sich weder unter den Top-10 Zielen der abenteuerlustigen Touristen noch der LouisVuitton tragenen Kanadiern befindet.
Für mich war es eine umso intensivere Erfahrung mit diesen Menschen in Kontakt zu treten, mal alle Gewohnheiten und Berührungsängste in den Hintergrund zu stellen.
Apropos Berührung, als ich einer zierlichen Frau chinesischen Aussehens eine Tüte mit Lebensmitteln überreicht habe, hat sie sich vor "Thank you" gar nicht mehr einbekommen. Sie hat wiederholend erwähnt, wie sehr sie das wertschätzt und frohe Weihnachten gewünscht. Mir kamen Tranen.
Viele Menschen waren unglaublich herzlich und dankbar aber es gab auch andere Reaktionen. Teilweise wurden die Spenden abgelehnt oder Gespräche begonnen. Eine andere Dame präferierte Käsesandwiches, sie echafufierte sich noch lange über die Tatsache, dass wir nur noch Erdnussbutterexemolare im Angebot hatten.
Ich bin sehr froh, dass ich an diesem Tag teilgenommen habe. Wir haben so unglaublich vielen Menschen etwas geben können und es ist doch noch mal eine andere Vancouver-Erfahrung für mich als es shoppen, Skifahren und Reiseführer-Aktivitäten sind
Einen ausführlicheren Bericht über Vancouvers 'Drogen Slum' findet ihr hier.
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