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Ziele erreichen

Meine weibliche Intuition sagt mir, dieser Eintrag wird in eine ziemlich persönliche Richtung wandern, wenn also objektive Auflistungen meiner derzeitigen Erlebnissen erwartet werden, muss ich leider enttäuschen. Es geht eher um, um gleich mal vorneweg mit dem Zitieren zu beginnen "Nie genung, aber auch nie zu große Ziele", um "Talent ist nur Übung und Übung macht den Meister" und im wahrsten Sinne des Worten um "das Ergebnis von Blut, Schweiß und Tränen" (danke an Kontra-K, du nimmst mir alles schon vorweg.)
Das mag jetzt alles ein bisschen zu dramatisch und tiefsinnig klingen, für mein "stinknormales" Leben, in dem ich stets Ünterstützung hatte jegliche Kiesel aus meinem Wege zu räumen und mir im Großen und Ganzen alles zufiel. (Außer Bälle, die fielen beim meinen Versuchen zu Fangen stets auf den Boden, ebenso mein gesamter Körper wenn es um Handstand ging, aber das ist ein anderes Thema.)
Säße ich im Deutschunerricht (meine Güte, wie ich den vermisse!) würde ich es wahrscheinlich in dieser Weise formulieren:
Im Folgenden werde ich von meinen persönlichen Erfahrungen berichten und am Beispiel des Erlernens einer neuen Sportart erläutern, was mir gezeigt hat, dass man auch unter der Skepsis anderer und Mangel an Vorkenntnissen seinen Zielen näher kommen kann, auch wenn es viel Mut und Überwinung kostet.

Wer mich schon 'ne Weile kennt, sollte ein Bild vor Augen haben. Lissy zuguckend am Rande während alle Fußball spielten. Im Sportunterricht? Grundsätlich als Letzte gewählt und mehr als 'ne Teilnehmer-Urkunde bei den Bundesjugendspielen hab ich auch nie gerissen. Creolen saßen perfekt und ich sobald sich die Gelegenheit ergab auf der Bank. "Mädchenprobleme". Irgendwann ließ mich mein Körper -statt durch die Blume durch Unförmigkeit- wissen, es wäre an der Zeit, Bewegung in meinen Tagesplan zu integrieren.
Volleyball, Handball, Joggen... klang in der ersten Woche gut, war aber trotzdem mehr Quälerei als alles Andere. Mit dem eingetrichterten "Du bist nicht sportlich!" fehlte mir hinzukommend jeder Ehrgeiz und Biss und spätestens nach eins zwei Monaten hatte ich wieder aufgegeben.

Das Einzige, was ich schon seit Ewigkeiten im Kopf hatte, mich aber aufgrund mangelnder Möglichkeiten in Deutschland nie mit befasste, war Pole Dance. Ich fand es bewundernwert wie diese Frauen (und Männer, wie ich später lernte) ein so enormes Work out so ästhetisch verpacken können. Trotzdem zog ich das für mich selber nie in Erwähgung, ich meine -kriege ja nicht mal 'n Klimmzug gebacken... bis ich dann, 'all the sudden' an einem Pole Studio in der Stadt vorbeilief.

 

Die Kommentare? "Ach, doch kein Abitur?" "Komm Lissy, nur weil du hier den Mathekurs failst musst du dich doch jetzt noch nicht mit Alternativen befassen." Die meisten meiner Freundinnen fanden es 'cool' hatten dann aber doch irgendeinen Grund weshalb sie mich nicht zu einem Probetraining begleiten konnten...

"Du sagst du kannst nicht, dann willst du nicht - ganz einfach
Talent ist nur Uebung und Uebung macht den Meister"

Und der folgende Schritt, auch wenn's für den Ein oder Anderen vielleicht null Bedeutung haben würde, hat so so viel verändert.
Egal was vor einem liegt oder mit welchen Überlegungen man zu kämpfen hat, es ist unglaublich wichtig sich vor Augen zu halten, was das Schlimmste wäre, was passieren kann.
So kam es also, dass ich eines Samstag Morgens, darauf eingestellt, wie ein Sack Mehl von der Stange zu plumsen um dann beschämt aber in dem Wissen, niemanden der Augenzeugen jeh wieder über den Weg zu laufen, das Pole Studio betrat. Halb so jung wie der Durchschnitt dort, keine Kraft in den Armen, geschweige denn Vorwissen in Thema Tanz. Nicht mal die Sprache konnte ich zu der Zeit fließend.

Und von der Sekunde an wusste ich, egal was jetzt passieren wird und egal, wie das Training läuft, ich werde es nicht bereuen. Schnell stellte es sich als eine der spaßigsten Stunden meines Lebens heraus und der Vertrag für den Anfänger Kurs war in Null komma nichts von mir signiert. Hat vielleicht doch was auf sich, mit diesem berühmten "aus der Comfort Zone steppen"...

 

So begab ich mich also Woche fuer Woche nach Gastown, um fuer "Pole 101" zu erscheinen, wo ich dann langsam auch auf den Geschmack für die anderen Kurse im Angebot kam. Boebachte mit offendem Mund, wie sich die anderen Jungs und Mädels ganz mir nichts dir nichts an der Stange hochzogen. Und ich? Nicht mal meine Füße bekam ich vom Boden...



Juni.
Wenn ich mit untergezogenem SportBH, der kürzeste Hose und meinem "dry Hands" Fläschen in der Handtasche das Studio betrete, werde ich an der Rezeption mit "Hi Lissy, wie geht's? Du bist hier für Pole Level 3, richtig?" begrüßt.

 

Mein Englisch ist inzwischen auch gut genug, um mich an sämtlichen Small Talks im Wartezimmer zu beteiligen. Auch wenn es in eine andere Richtung als meine eigentlichen Interessen geht.
Wie zum Beispiel, die junge Frau mit Rucksack und Trekking Schuhen, die von ihrer Wild-Life-Experience berichtet.
Oder die Schwangere Asiatin mit den lila Haaren.
Oder der 1A durchtrainierte Atleht, welcher gerade mit Anzug und Fliege von der Arbeit kommt.
Oder die attraktive Frau auf dem Sessel in der Ecke, die ihrer Freundin am anderen Ende des Raums erzählt. wie gut ihr Lap-Dance im Club XY gestern lief und dass ihre neuen Brüste die beste Investiton jemals sind.
Die verschiedensten Menschen, eine Gemeinsamkeit. Jeder liebt den Sport und sieht die Stunde in dem pinken Keller als Auszeit vom Alltag, ohne Konkurrenz, Judging oder Gedanken daran, ob man beim Ausprobieren der Neuen Übung jetzt vielleicht komisch aussieht.

Und ich? Werde langsam von "Neuen" über die Kurse gefragt und im PoleFit Kurs, welcher für alle Level offen ist, mache ich inzwischen die Übungen für Fortgeschrittene.
Ich habe viele unglaublich tolle und verschiedene Menschen kennengelernt, eine Vertrauensbasis zu meinen Trainerinnen aufgebaut und meine kleinen Ziele, welche ich mir Stück für Stück setzte erreicht.
Ich hätte vor vier Monaten nie gedacht, dass ich eines Tages überkopf an der Stange sein werde, wissen werde, wie man sie vernünftig hochklettert und meine ersten Erfahrungen mit 'SpinnPole' sammele.

  

Na klar, in vielen Ohren mag das vielleicht nach keiner großen Sache klingen, aber für mich ist es das.
Ich habe mich überwunden, etwas auszuprobieren, alleine in's kalte Wasser zu springen. Und für mich bedeutet das so unendlich viel. Zum ersten mal in meinem Leben musste ich wirklich für etwas "kämpfen", mich mit etwas auseinandersetzten was mir nicht leicht fiel.

Ich habe -nicht nur durch den Sport, auch durch das vergangende Jahr im Allgemeinen -gelernt, wie unglaublich wichtig es ist, sich selber Ziele zu setzten. Über den eigenen Schatten zu springen. Dinge zu tun, die nicht von jedem unterstützt werden. Es auch, wenn es am Anfang nicht klappt und man als einzige da steht und sich denkt "wtf, das krieg ich nie hin", nie aufgibt. Dinge wenigstens probieren, denn lieber scheitern als von Anfang an aufgeben.
"Hoch fliegen heißt Fallen in die Tiefe, doch ohne große Opfer gibt es keine Siege"

Es fühlt sich so unglaublich gut an, Dinge erreicht zu haben, die anfangs außer Reichweite lagen. Wenn man sich traut und es probiert, ist die Hälfte schon geschafft.

Wenn man dazu noch das Glück hat, von einer wundervollen motivierenden Frau trainiert zu werde, die einen inzwischen mit "Darling" begrüßt und mir aus Freude über meine Fortschritte um den Hals fällt, ist quasi noch ein Viertel abgehakt. Die letzten 25% sind nur noch Dranbleiben! -und sich an die blauen Flecken gewöhnen-

 


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